Die Ankerwinde

Unsere Sun hat eine motorbetriebene Ankerwinde auf dem Deck. Wahrscheinlich ist es eine alte Lofrans – Variante (?) Der Motor ist über dem Deck. Das Design unterscheidet sich aber deutlich von den heutigen Modellen. Am letzten Wochenende hatte ich etwas Zeit, mich mit der Wartung dieses Teils zu beschäftigen. Die Kettenbremse saß fest und ich wollte auch den allgemeinen Zustand der Winde überprüfen. Das letzte mal, daß ich die Winde in Funktion gesehen habe, war im letzten Jahr direkt beim Kauf der Sun. Also – Sicherungen eingeschalten und ausprobiert. Erstmal tat sich nichts, dann nach etwas rütteln hörte man die Schaltschütze für den Vor-und Rückwärtsgang. Letztendlich fing der Motor doch an zu drehen und die Winde funktionierte. Anscheinend hatte sich ein isolierender Belag aus Kupferoxid auf den Bürstenoberflächen gebildet, der durch die Startversuche aufgerissen wurde.

Die Kettenbremse ging mit etwas Caramba und einem satt angelegten Drehmoment wieder los.
Also demontierte ich nun den Rest. Die Kettennuss ließ sich einfach abnehmen, allerdings saß der Innere Bremsring fest auf der Welle. Mit dem Abzieher ging er dann schließlich los. Nach dem Reinigen der Wellenpassung ließ er sich auch wieder leicht aufstecken. Das Spill auf der anderen Seite sitzt bombenfest – nachdem ich den Seegerring von der Welle abgenommen habe, bewegt sich da absolut nichts. Wahrscheinlich Korrosion, da das Spill aus Aluminium in direktem Kontakt zur stählernen Welle steht. Also erwärme ich die Rolle mit dem Gasbrenner. Auch nach dem Erreichen von ca. 100°C bewegt sich die Rolle nicht auf der Achse. Erst mit dem Abzieher und viel Drehmoment gibt die Verbindung dann auf. Die Innenseite der Wellenpassung ist komplett mit Aluminiumoxid überzogen. In der Keilnut befindet sich sogar eine mehrere Millimeter dicke Schicht. Nach dem Reinigen der Bohrung ist die Passung wieder leichtgängig. Auch dieser Schritt wäre geschafft.

Nach dem Abschrauben der Schutzhaube über dem Antriebsmotor muß ich feststellen, dass offensichtlich Seewasser in das Innere der Motorumhausung eingedrungen ist . Der Gleichstrommotor ist rostig. Das Typenschild sogar so stark verwittert, dass man es nicht mehr entziffern kann. Da der Motor gut dreht, reinige ich nur die Oberfläche und pinsle dann alles mit Ovatrol ein. Die Schraube für die Blende über dem Zugang zu den Bürsten ist stark verrostet und so öffne ich den Motor nicht weiter. Dies in der Hoffnung, dass die Bürsten noch halbwegs ok. sind. Beim nächsten Mal öffnen gibts dann vielleicht auch mal neue Bürsten.

Um die Schmierung des Getriebekerns zu überprüfen, muß ich den runden Getriebeflansch öffnen. Ein Strom aus braunem Fett-Öl Gemisch fließt mir jetzt entgegen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Normalerweise sollte der Sumpf nur bis zum Rand des Flansches mit 90’er Getriebeöl geflutet sein. Na gut – da es sich ja nur um ein langsamlaufendes Getriebe handelt, reichere ich das übriggebliebene Öl mit einigen Handvoll Getriebefett an und gehe davon aus, daß diese Füllung wieder für einige Monate ausreicht. Der O-Ring am Flansch ist nicht mehr in bester Form, aber in Ermangelung eines neuen, verwende ich den wieder, um das Getriebe zu verschließen .

Die Abdeckung des Gleichstrommotors wird am Dichtrand gereinigt, abgeschliffen und mit Nautiksilikon versehen wieder angeschraubt. Generell sieht die Winde optisch nicht so gut aus. Die dicke weisse Farbe ist an vielen Stellen abgeplatzt. Die Aluminiumfläche darunter ist mit Oxid überzogen. Der isolierende Holzsockel ist weich und vergammelt. Der Hebel zum Blockieren des Kettenrades ist nicht mehr am Gehäuse und der fehlende Kettenabstreifer wurde wahrscheinlich nach irgendeiner Havarie durch einen nun rostigen Stahldrahtbügel ersetzt, der mit Schlauchklemmen an das Gehäuse gewürgt wurde. Also muß ich mich um einen neuen Kettenabstreifer und einen Blockierungshebel kümmern und vielleicht sogar die Gehäuseaufnahmen mit neuen Bohrungen und Gewinden versehen. Die Holzisolationsplatte wird dann durch PE ersetzt und die O-Ringe und die Simmerringe könnten demnächst auch noch eine Erneuerung gebrauchen.

Das Ersatzteilblatt meiner Winde – keine Ahnung, ob man da noch welche bestellen kann. die Firma existiert nicht mehr

September 2024.
Inzwischen habe ich die Winde abgebaut, die verwitterte Holzunterlage ausgebaut. Das Aluminium darunter war teilweise oxidiert, weil das Holz sich mit Seewasser vollgesogen hatte. Die Oberfläche habe ich dann abgebürstet und eine passende massive PE-Platte mit Marinesilikon aufgelegt. Die Winde habe ich auf diese Konstruktion aufgesetzt, abgedichtet und wieder festgeschraubt. Bei einem Ankermanöver konnte ich den neuen Aufbau testen. Die Winde sitzt jetzt endlich stabil und fest, Das Deck ist dicht. Die losen Anteile der weißen Beschichtung sind entfernt. Mit einer härteren Bürste werden die verbliebenen Farbflecken noch weggenommen.

Januar 2025.
Auf Leboncoin habe ich eine uralte baugleiche Winsch preiswert erworben. Es ist tatsächlich ein Modell eines südfranzösischen Herstellers GDI, der wohl schon seit langem insolvent ist. Aus dem Motor konnte ich den unversehrten Bürstenhalter ausbauen – dieses wird in den bestehenden Motor eingebaut, genauso wie die Blende für den Verschluß des Wartungsschachts für die Bürsten. Das gebrauchte Modell hatte noch den originalen Kettenabstreifer und den Haken zum Öffnen der Kettennussbremse dabei. diese fehlenden Teile werden jetzt an die alte Winsch angebaut. Bei einem chinesischen Ersatzteilhändler gabs dann noch ein 10-er Set mit den originalen Bürsten. Der Kommuntator des Motors wird noch gebürstet, bzw. poliert und dann funktioniert die alte Winde wieder zu 100%.

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